55 JAHRE MC THUNDORF GESCHICHTE
GRÜNDUNG DES MC
Dass der Motorfahrer – Club Thundorf 1953 überhaupt gegründet wurde, ist vor allem auf die Initiative und den Idealismus von Erwin Fuchs aus Frauenfeld zurückzuführen. Erwin war seit der Gründung des FMS – MC Thurgau im Jahre 1935 ununterbrochen im Vorstand dieses Clubs tätig und engagierte sich beherzt für ihn. Nichtsdestotrotz wurde er im Jahr 1953 wiederholt von einem ehemaligen Vorstandskollegen wegen einer rein privaten Angelegenheit an Versammlungen angegriffen. Um weitere Unannehmlichkeiten zu vermeiden, trat Erwin Fuchs aus dem MC Thurgau aus, was wiederum viele weitere Mitglieder dazu bewegte, es ihm gleichzutun.
Weil der damals fünfzigjährige Fuchs den Kontakt zu seinen Motorfahrerkollegen weiterhin pflegen wollte, holte er sich die ausdrückliche Zustimmung von der FMS ein, die ausgetretenen MC Thurgau – Mitglieder in einem neuen Club zu formieren und damit der Fédération zu erhalten.
Am 2. Dezember 1953 reichte der provisorische Vorstand des neuen Motorfahrer – Clubs Thundorf das Aufnahmegesuch in die FMS ein. Am 22. Dezember wurden die Statuten beschlossen und am 26. mitsamt einer zwanzig Personen umfassenden Mitgliederliste eingereicht. Nach der einmonatigen Einsprachefrist gegen die Aufnahme erfolgte bereits am 1. Februar 1954 die definitive Aufnahmebescheinigung in die FMS.
Der provisorische Vorstand bestand aus drei Thundorfern, nämlich Walter Schüpbach als Präsident, Hans Bartholdi als Aktuar und Robert Bischof als Kassier. An der ersten Versammlung vom 1. April 1954 im Sternen, Thundorf, wurde das Präsidentenamt durch den ersten Nicht – Eingeborenen besetzt, nämlich Emil Keller aus Felben. Zu diesem Zeitpunkt zählte der Club bereits 36 Mitglieder, die motiviert waren, gemeinsam die Annehmlichkeiten der motorisierten Fortbewegung zu geniessen
DIE ANFANGSJAHRE DES CLUBS
Der MC Thundorf muss schon in den frühen Jahren als sehr gemütlicher, ungezwungener Verein gegolten haben. Trotz respektablen Mitgliederlisten nahmen schon damals jeweils nur einige Unentwegte an den Ausfahrten teil.
Die Jahresversammlungen fanden regelmässig anfangs Dezember im Restaurant Sternen in Thundorf statt. Im Frühling wurde eine separate Sitzung einberufen zum Festlegen des Jahresprogramms. Der Mitgliederbeitrag hat anfänglich Fr 9.-ohne oder Fr 14.- mit FMS – Zeitung „Moto Sport“ betragen.
In den ersten Jahren wurden unter anderem die folgenden Anlässe organisiert: Eine zweitägige Ausfahrt nach Füssen (11./12. 9. 54), ein Töffler – Sommernachtstreffen im „Weissen Haus“ zu Altenrhein (25. 7. 59), die Besichtigung der Swissair – Werkstätten (11. 9. 60) sowie der Besuch des Nationalen Bergrennens Steckborn – Eichhölzli (28./29. 4. 62). Die Ausfahrten wurden in der Regel von Erwin Fuchs aufs Genaueste geplant. Die Route wurde vorher abgefahren, die optimalen Gaststätten und Übernachtungsmöglichkeiten ausgekundschaftet.
Um die Beteiligung an den Club – Ausfahrten zu steigern, wurde zwischenzeitlich sogar ein Punktesystem eingeführt, das für jeweils zehn gefahrene Kilometer einen Punkt einbrachte. Wer am Ende der Saison die höchste Punktzahl erreichte, wurde an der Jahresversammlung besonders geehrt. Als sich jedoch herausstellte, dass der langjährige Präsident und unentwegte Motivator Erwin Fuchs ausnahmslos sich selber zum Sieger erklären musste, wurde die Wertung nach wenigen Saisons wieder abgeschafft.
Es war lange eine Tradition, den Clubbeitrag persönlich von Haus zu Haus einzuziehen. Dies hatte den Vorteil, dass man immer auf dem laufenden war, was die Mitglieder für Absichten hegten. Ebenso konnten Ausstände bei den Mitgliederbeiträgen praktisch ganz vermieden werden. Nebenstehendes Bild zeigt Otto Meier, unseren langjährigen Kassier der Jahre 1960 bis 1995.
Die Motorradmarken BMW, Jawa, NSU, Condor, Motosaccoche, Horex und Universal prägten das Bild an den ersten Ausfahrten unseres Vereins. Erstaunlicherweise konnte ich trotz mehrmaligem Nachfragen keine spektakulären Pannengeschichten der alten Maschinen in Erfahrung bringen, aber es waren halt europäische Bikes!
Einen Boom erlebte der Club in den 70er Jahren, als sämtliche Motocrössler für eine FMS – Lizenz auch eine Clubangehörigkeit nachweisen mussten. So geschah es, dass wir 1976 mit Hansueli Bächtold und Stefan Kiser über ein Schweizermeister – Gespann im Motocross Seitenwagen verfügten. In den Jahren 1984 bis 1987 wurde Hansueli Bächtold sogar viermal Weltmeister, leider war er jedoch zwischenzeitlich zu einem finanzkräftigeren Club übergetreten.
TRADITIONELLE ANLÄSSE
Schon in den Anfangsjahren hat sich die Auffahrt als beliebtes Datum für MC – Ausfahrten etabliert. Während in den Jugendjahren des Clubs viele verschiedene Familienfahrten mit Auto, Schiff, Bergbahn und Wanderstiefel unternommen wurden, setzte sich in den letzten zehn Jahren die Schwarzwald – Auffahrtsausfahrt durch.
Die zahlreichen „Kegelschübe“ fanden ab 1956 im Restaurant Schweizerbund Frauenfeld, Kreuzstrasse Tägerschen, Touring Frauenfeld, Freihof Münchwilen und Schäfli Wängi statt. Mehrheitlich war die Beteiligung an den Kegelabenden nicht den Erwartungen des Präsidenten entsprechend. Vermutlich ist Kegeln für einen waschechten Motorfahrer bereits eine unangenehm sportliche Freizeitbeschäftigung.
In den Jahren 62 bis 64 besuchte eine Thundorfer Delegation die Solitude Rennen in Stuttgart. Der nimmermüde damalige Präsident liess es sich nicht nehmen, vorab nach Stuttgart zu reisen um die Tickets zu kaufen und das Hotel zu buchen, wohlgemerkt in jener Zeit noch ohne Autobahn!
Das Fischessen in Ermatingen wurde zwischen 1972 und 1994 regelmässig im Herbst zelebriert. Dazu ein Ausschnitt aus Erwin Fuchs’ Jahresbericht von 1972: „Auf den 9. September haben wir unsere Mitglieder zu einem Fischessen in der Krone in Ermatingen eingeladen. Daran haben neben 5 Clubmitgliedern noch weitere 12 Personen teilgenommen. Es wäre ungerecht, behaupten zu wollen, die Kretzer seien nicht gut, reichlich und preiswert gewesen, denn ich glaube kaum, dass einer von den Teilnehmern vor dem andern Morgen schon wieder Hunger verspürt hätte.“
An den Jahresversammlungen im Sternen wurde regelmässig ein Schüblig mit Bürli vom Club offeriert. Einzig im Jahr 1973 verwöhnte der MC seine Mitglieder anlässlich des zwanzigjährigen Bestehens mit einem feudalen Mahl bestehend aus Salziss und Kraut. Nach den Versammlungen zeigte der Vorstand regelmässig eine Diashow oder einen Film, womit einem gemütlichen Ausklang nichts mehr im Wege stand.
UNSER EHRENPRÄSIDENT ERWIN FUCHS 1904 – 1990
Erwin Fuchs war ein leidenschaftlicher Motorradfahrer, dem unser Club wie keinem anderen viel zu verdanken hat.
Nicht aus Eitelkeit, sondern zum Wohl der Mitglieder hat er den MC Thundorf gegründet, im Hintergrund begleitet und von 1963 bis 1987 als Präsident geführt.
In seinen Jahresberichten, die übrigens äusserst unterhaltsam sind, widerspiegelt sich die schier unendliche Motivation, seine bequemen Motorfahrer für die Anlässe des beschlossenen Jahresprogramms zu begeistern. Obwohl er sich meistens nicht zufriedengab mit dem Erreichten, hat er für den Club enorm viel geleistet. An den Ausfahrten fuhr er meistens zügig an der Spitze und erwartete seine Zöglinge beim nächsten Marschhalt mit Beret und Stumpen, bis das ganze Grüppchen wieder wohl vereint war.
Erst mit 65 Jahren machte er die Autoprüfung, was ihm ermöglichte, bis ins hohe Alter an allen Anlässen teilzunehmen. Am 25. November 1989 wurde er zu unserem ersten und bisher einzigen Ehrenpräsidenten ernannt. Lediglich fünf Wochen später, am 1. Januar 1990, verstarb Erwin Fuchs im 86. Altersjahr.
VOLL IM SAFT
Nachdem Erwin Fuchs das Präsidentenamt abgegeben hatte, durchlebte unser MC seine schwierigste Zeit, denn es traten kaum noch neue Mitglieder in den Club ein. An der GV des Jahres 1994 drohte die Auflösung, wenn sich niemand bereit erklären würde, das Präsidentenamt zu übernehmen. In der Hitze der Diskussion liess sich René Rickenmann die leise Aussage entlocken, dass er den Präsidenten allenfalls übernehmen würde, um damit den Club zu retten. Renés Aussage wurde prompt erhört und er wurde ehrenvoll an die Spitze gewählt. Im Jahr 1997 trat der MC Thundorf aus dem Ostschweizer FMS aus und immer weniger Mitglieder blieben aktiv in der FMS Schweiz. Dafür wurden die sogenannten Passivmitglieder je länger desto munterer! Es wurden neue Anlässe ins Jahresprogramm aufgenommen wie ein Skitag im Januar, das alljährliche Spanferkelessen am Gründonnerstag oder ein Grillabend für die ganze Familie im Wald. Die neuen Aktivitäten und das gut harmonierende Führungstrio mit René Rickenmann, Kari Rüegg und Peter Frauenfelder schafften es in den Jahren 1997 bis 2007, die Mitgliederzahl von ehemals 36 auf neunzig Personen zu steigern.
In den Jahren 2000 und 2001 gingen die berüchtigten Monster – Touren über die Bühne. An einem schönen Julimorgen traf man sich jeweils um 6 Uhr früh bei der Migrol – Tankstelle in Matzingen. In der Folge wurden Klausen, Susten, Grimsel und
Simplon überwältigt. Nach einer Stärkung im Centovalli wurden der Lukmanier, die Surselva und das Toggenburg zügig überrollt und am Schluss des Tages feierten die Töffler im Hollywood die mehr als 600 gefahrenen Kilometer. Die zweite Tour führte uns ins Südtirol, war aber sonst von ähnlichem Kaliber. Ab dem dritten Jahr kehrte die Vernunft wieder ein und die Monster- wurde zur Geniessertour. Bei etwa gleicher Kilometerzahl nahm man sich zwei Tage Zeit und musste sich fortan nicht mehr am Montag bei der Arbeit vom Wochenende erholen!
In den letzten Jahren entwickelten unsere Mitglieder Ernst Berger und Walter Matzinger ein Motorrad, das die steilsten Berghänge bezwingen sollte. Der „Flachländer“ mit seiner überlangen Hinterradschwinge konnte zwar am Berg nie ganz überzeugen, aber an den Schweizer Meisterschaften im „Bike – Pulling“ war er nicht zu schlagen. Mit Ernst Berger durfte der Club somit im Jahr 2004 einen Schweizermeister an seiner Generalversammlung begrüssen.
Den fünfzigsten Geburtstag feierte der Club mit einem zweitägigen Fest am 5. und 6. Juli 2003. Auf dem Areal der Micro PCB in Thundorf wurde ein Festzelt aufgestellt, in dem Ochs am Spiess und andere Köstlichkeiten serviert wurden. Am Samstag fand Karis unbezwingbare Töffrally statt und am Abend spielte eine Live – Band die besten Songs. In der runden Bar waren die letzten Gäste noch fröhlich, als bereits die Vorbereitungsarbeiten zum Töffgottesdienst und zum anschliessenden Brunch im Festzelt an die Hand genommen wurden. Der Rückblick auf unser Jubiläumsfest fiel so positiv aus, dass schon bald ein Grund für eine weitere Feier gesucht wurde. Schliesslich einigte man sich auf den 55. Geburtstag im Jahr 2008, der im ähnlichen Rahmen über die Bühne gehen sollte.
Mit Melanie Keiser hat erstmals eine junge Frau Einsitz im Vorstand des MC genommen und damit dessen Altersdurchschnitt erheblich gesenkt. Zusammen mit dem neuen Präsidenten Kari Rüegg und der Homepage www.mcthundorf.ch fühlen wir uns aktueller denn je und sind bereit für neue Abenteuer auf unseren geliebten Stahleseln und für gesellige Stunden unter Gleichgesinnten.
Pfyn, 13. Juni 2008, Peter Frauenfelder